Forschung
Mit den Sinnen einer Spinne
Wie lehrt uns Virtual Reality Empathie?
Die Grosse Wanderspinne - Cupiennius salei - geht nachts auf Insektenjagd. Sie orientiert sich mithilfe spezieller Sinneshaare, die Luftströmungen wahrnehmen können.
In diesem Forschungsprojekt entwickeln wir Virtual-Reality-Erlebnisse, die die Sinneswahrnehmung (Luftströmungs- und Vibrationswahrnehmung) sowie ausgewählte Handlungssequenzen (Jagdverhalten, Balz) der nachtaktiven Wanderspinne erlebbar machen. Die Virtual-Reality-Erlebnisse werden - eingebettet in eine Ausstellung - den Besucher:innen die Lebensweise der Spinne näher bringen. Die immersive Erlebnis- und Lernumgebung soll durch Wissensvermittlung und Erweiterung der eigenen Sinneserfahrungen das Bewusstsein für den Wert des Lebens und den Erhalt der Artenvielfalt fördern.
Die Sinneswahrnehmung der Grossen Wanderspinne
Die Große Wanderspinne lebt im Regenwald Mittelamerikas. Nachts sitzt sie auf Pflanzen und lauert auf Beute. Mit ihrem hochsensiblen Sinn für Luftströmungen kann sie Luftbewegungen von fliegenden Insekten wahrnehmen, diese orten und mit einem gezielten Sprung fangen. Die Wahrnehmung erfolgt über Trichobothrien, lange, hauchdünne Härchen, die so empfindlich sind, dass sie bereits durch wenige Luftmoleküle in Bewegung versetzt werden. Mit ihrem ebenso empfindlichen Vibrationssinn nimmt sie auf der Pflanze laufende Insekten wahr und ergreift sie, sobald sie ihr nahe genug kommen. Auch bei der Balz spielt der Vibrationssinn eine wichtige Rolle.
Prototyp-Entwicklung
Grundlage des Forschungsprojektes bildet der VR-360°-Film der Masterarbeit "Mit den Sinnen einer Spinne – Ein Arachnozentrisches Erlebnis" und das darauf aufbauende Junior Research in Design. Gefördert durch das Dossier Nachhaltigkeit, Förderprogramm 2023, wurden zwei interaktive Virtual-Reality-Erlebnisse entwickelt, die zum immersiven Eintauchen in die Lebenswelt der Spinne einladen.
Der erste Prototyp widmet sich dem Jagdverhalten und dem hochsensiblen Luftströmungssinn. Mittels einer rundum Installation von Mikroventilatoren werden die von den Insekten ausgehenden Luftströmungen für die Nutzer:innen der VR-Experience körperlich wahrnehmbar. Dieses sinnlich-taktile Feedback unterstützt die Nutzer:innen bei der Orientierung und macht die Nachtfalterjagd zu einem noch realeren Erlebnis.
Der zweite Prototyp widmet sich der Balz, die bei dieser Spinnenart durch vibratorische Kommunikation stattfindet. Die Nutzer:innen machen sich als Spinnenmännchen auf die Suche nach einer Partnerin, indem sie das vibratorische Feedback für ihre Orientierung nutzen. Die beiden entwickelten Prototypen wurden zusammen mit dem VR-Film auf der Scientifica 2023 einem breiten Publikum vorgestellt.
Weitere Forschung
Aufbauend auf diesen Grundlagen wollen wir mit Hilfe von Drittmittelanträgen zwei Ziele weiter verfolgen: Einerseits soll die VR-Experience als Modul für den Ausstellungskontext realisiert werden. Andererseits soll die psychologische Wirkung der Spinnenperspektive und des Wissenstransfers mittels VR in einem interdisziplinären Team mit Expert:innen aus der Wahrnehmungs- und Medienpsychologie weiter untersucht werden. Langfristiges Ziel ist es, das Wissen über die Rolle von Empathie bei der Sensibilisierung für Biodiversitätsthemen durch Design, geeignete Vermittlungsstrategien und immersive Technologie zu erweitern.
Team ZHdK
Niklaus Heeb
Barbara Schuler
Miriam Loertscher
Hanh-Dung Nguyen
Externe
Balthasar Caflisch, Beat Kunz (Fusion.Robot GmbH)
Kooperationspartner
Eliane Zihlmann, Raffaele Grosjean, Pascal Felber (Somebodyelse GmbH)
Holger Frick, Naturhistorisches Museum Basel
Wissenschaftliche Beratung
Prof. em. Dr. Wolfgang Nentwig, Institut für Zoologie der Universität Bern
Prof. em. Dr. Friedrich G. Barth, Departement für Neurobiologie der Universität Wien