Science Lunch 2010
1. Niels Bleicher
Archäologe, Projektleiter der Grabung Opéra, Amt für Städtebau, Stadt Zürich
Mi. 29.09. 2010 12 :15 –13 :15 Sq 510
Die moderne Archäologie hat ein Problem mit der Wissensvermittlung und der Illustration: Üblicherweise mutet man dem „Konsumenten“ anstatt harter Forschungsergebnisse nur idyllische lLebensbilder zu, deren Details aber oft weniger gut wissenschaftlich belegt sind. In der Folge sind aber aktuelle Fragestellungen und Ergebnisse der realen Archäologie kaum in den Medien präsent. Diese sind nämlich oft abstrakt, spielen sich in vielen kleinen Details ab, oder aber beziehen sich auf Prozesse. Aber wie illustriert man Abläufe in allen vier Dimensionen wenn einem für die Abbildung nur zwei zur Verfügung stehen? Traditionelle Lösungen bevorzugten in wissenschaftlichen Publikati- onen Bilderserien, Farbcodes und kommentierte Pfeile – und Vereinfachung, wenn es um populärwissenschaftliche Publikationen ging. — Was machen wir morgen?
2. Lukas Schärer, Walter Salzburger
Zoologisches Institut der Universität Basel
Mi. 13. 10. 2010 12:15–13:15 Sq 510
Evolutionsforschung am Buntbarsch, Wasserfloh und Plattwurm
Es sei eine wahrhaft erhabene Ansicht, meint charles Darwin im letzten Satz seines bahnbrechenden Werkes on the origin of Species, dass «aus einem so schlichten Anfang eine unendliche Zahl der schönsten und wunderbarsten Formen entstand und noch weiter entsteht». Das war vor mehr als 150 Jahren – doch auch heute noch steht die Frage nach der Entstehung von neuen Arten und somit von organismischer Vielfalt im Zentrum evolutionsbiologischer Forschung. Lukas Schärrer und Walter Salzburger stellen drei Forschungsgruppen und deren Bildbedarf vor.
3. Katja Liebal, Daniel Haun
Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie, Leipzig
Do. 21. 10. 2010 12:15-13:15 Sq 510
Following the evolution of human social cognition
Wie denkt der Mensch? Die Vergleichende Kognitionsforschung liefert wichtige Erkenntnisse zur Evolution des Menschen. Eine interdisziplinäre Forschungsgruppe von Anthropologen, Primatologen, Psychologen und Linguisten des Max Planck Instituts untersucht die Ursprünge sozialer Interaktion. Im Fokus stehen kognitive Fragestellungen im Vergleich verschiedener Kulturen und kommunikative Aspekte, wie die gestische und mimische Interaktion von menschlichen und nichtmenschlichen Primaten. Seit zwei Semestern pflegen Scientific Visualization und das Max Planck Institut eine enge Kooperation mit dem Ziel, neuste Forschungsresultate einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Die ProjektleiterIn Katja Liebal und Daniel Haun präsentieren neuste Forschungsergebnisse und stellen herausfordernde neue Visualisierungsaufgaben vor.
4. Benjamin Bollmann°, Judith Moosbrunner*
° Institut für Neuroinformatik, Universität Zürich
* MA Design, Erkenntnis-VisualisierungMi. 27. 10. 2010 12:15–13:15 Sq 510
Eine mikroskopische Reise durch das Gehirn
Die makroskopische Architektur des Gehirns — die wichtigen Regionen und ihre Verbindungen — ist seit langem wohl bekannt. Trotzdem bleibt seine mikroskopische Struktur und seine Funktion, auf der Skala von lokalen neuronalen Netzwerken, weitgehend unbekannt und gibt noch viele Rätsel auf. Ein Zweig der gegenwärtigen neurowissenschaften versucht daher, neue Techniken zu entwickeln, die es erlauben, die mikroskopische Struktur des Gehirns, sowie sein Wachstum und seine Aktivität abzubilden und zu erklären. Benjamin Bollmann wird ausgewählte Aspekte dieser Forschung erläutern und einen Einblick in aktuelles wissenschaftliches Bildmaterial geben. Judith Moosbrunner studiert im Master Design im Programm Erkenntnis-Visualisierung. Sie zeigt Arbeitschritte aus ihrem Masterprojekt, mit dem sie Designbeiträge zur Konzeption eines Neuronenatlas des Drosophila-Gehirns leisten will.
5. Alexander Vögtli
Pharmazeut und Bildforscher Universität Basel & PharmaWiki.ch
Mi. 10. 11. 2010 12:15–13:15 Sq 510
Wissenschaftliche Bilder kritisch betrachtet
Wie kann verbildlicht werden, was unsicher, unsichtbar oder nicht vorstellbar ist? Wie beeinflusst die Darstellungsweise den Inhalt? In seinem Buch „Wissenschaftliche Bilder – eine kritische Betrachtung“ untersucht Alexander Vögtli gemeinsam mit Beat Ernst diese Fragen und zeigt anhand zahlreicher Fallbeispiele Wege zu einer reflektierten Rezeption wissenschaftlicher Bilder auf. Auf die erforschten Methoden zurückgreifend, gründete Alexander Vögtli vor drei Jahren PharmaWiki mit dem Ziel, unabhängige, werbefreie, kostenlos zugängliche und wissenschaftsnahe Gesundheitsinformationen anzubieten und eine direkte Verbindung zwischen Wissenschaft, Fachleuten und Gesellschaft zu errichten. PharmaWiki gehört mittlerweile zu den grössten und meistbesuchten Gesundheitswebseiten der Schweiz. Bilder spielen in dieser Wissenschaftskommunikation eine zentrale Rolle. Alexander Vögtli, Apotheker und Gründer der Plattform gibt einen Einblick in seine Forschungen über wissenschaftliche Bilder und PharmaWiki und lotet Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit mit Scientific Visualization aus.
6. Heinz Schneider
Botanisches Institut der Universität Basel
Mi. 24. 11. 2010 12:15 –13:15 Sq 510
Fragen zum Dialog zwischen Forscher und Gestalter
In vielen Wissenschaftsbereichen wie Archäologie und Medizin herrschen klare Illustrationstandards und Konventionen. Das Feld der Botanik zeichnet sich durch weniger allgemeingültige Regeln aus. Hier unterschätzen Illustratorinnen und Illustratoren oft die limitierten Vorstellungen auf Seiten der Forscher. Umso wichtiger ist es, bei Projektbeginn die Konzeption, stilistische Fragen sowie Schlüsseldetails der Gestaltung gegenseitig zu klären, was für die Wissenschaftler einen gewissen Betreuungsaufwand erfordert. Der kreative Spielraum besteht vor allem in dieser Startphase, in der die Leitidee entwickelt wird und Anregungen von Wissenschaftsseite eingebracht werden können – auch im Hinblick auf die oft vergessene Zweitverwertung (Poster, Vorträge, Web, Flyer). Vor dem Hintergrund seiner langjährigen Erfahrung in Lehre und Forschung der Botanik beleuchtet Heinz Schneider die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler und Gestalter mit aktuellen Projektbeispielen aus der universitären Praxis.
7. Jean-Pierre Bourquin
Universitäts-Kinderklinik Zürich, Leukämie-Programm, Abteilung Onkologie
Mi. 1. 12. 2010 12:15–13:15 Sq 510
Zum Bildbedarf der modernen Leukämieforschung
Das Ziel dieser Forschungsgruppe ist es, Diagnose, Prognose und Therapie von Kindern mit Krebserkrankungen zu verbessern. Trotz der Zunahme des Wissens über die Entstehung von Leukämie (Blutkrebs) und einer Vielzahl von viel versprechenden Substanzen, erfolgt die Umsetzung in die Klinik nur sehr zögerlich. So war es bisher kaum möglich, neue Therapiekonzepte direkt auf den relevanten Leukämiezellen zu untersuchen. Zwischen der Grundlagenforschung und der Klinik hat die Abteilung Onkologie nun eine neuartige experimentelle Plattform aufgeschaltet. Alle Schritte der Projektentwicklung, der experimentellen Arbeit, der Vermittlung von Resultaten und der Darstellung von relevanten Krankheitsmodellen werden wesentlich durch Bilder und Grafiken unterstützt. Gefragt sind jetzt Visualisierungen, welche die innovativen Konzepte und die Relevanz der Arbeit einem breiteren Publikum zugänglich machen.
8. Peter Schmid
Anthropologisches Institut und Museum der Universität Zürich
Mi. 15. 12. 2010 12:15–13:15 Sq 510
Australopithecus sediba, die neuste Hominidenart
Im April 2010 veröffentlichte die Zeitschrift Science eine aufsehenerregende Neuentdeckung. Beschrieben wird eine bisher unbekannte Vormenschenart: Australopithecus sediba. Damit schreibt ein internationales Forscherteam an der Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Peter Schmid vom Anthropologischen Institut der Universität Zürich ist Mitautor dieser Erstbeschreibung und ist persönlich an den Untersuchungen und Ausgrabungen beteiligt. Die Fossilien wurden etwa 15 Kilometer nordöstlich von Sterkfontein, Südafrika entdeckt und stammen von einem fast ausgewachsenen Kind und von einer erwachsenen Person. Aussergewöhnlich am Fund des Kindes ist, dass das Skelett fast vollständig ist. Die Fossilien ähneln zum einen dem Homo erectus und könnten somit direkte Vorfahren sein. Zum anderen gibt es Hinweise, dass die Fossilien Nachfahren des Australopithecus africanus sind.
9. Silvia Tobias°, Karen Kägi*
° WSL, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft
* Master Design, Erkenntnis-VisualisierungMi. 12. 1. 2010 12:15–13:15 Sq 510
Landschaftsforschung, Siedlungsentwicklung und Visualisierung
Bilder werden in der Landschaftsforschung und -planung vermehrt eingesetzt, um einen intuitiven Zugang zu komplexen und z. T. abstrakten Sachverhalten zu ermöglichen. Silvia Tobias berichtet von den Problemen und Chancen der Siedlungsentwicklung in der Schweiz und vom Umgang mit Visualisierungen in diesem Bereich. Die Master-Arbeit von Karen Kägi befasst sich mit gestalterischen, technischen und kommunikativen Möglichkeiten der Landschaftsvisualisierung. Im Zentrum des Projektes, das in Kooperation mit der WSL durchgeführt wurde, steht die Entwicklung einer Illustrationsmethode, die sich dazu eignet, die diversen Aspekte der Landschaftszersiedelung zu visualisieren. Durch die Kombination von 3D-Konstruktion, Fotografie und digitaler Bildbearbeitung wurde eine effiziente Illustrationsmethode entwickelt, welche die inhaltliche Thematik präzise und überzeugend vermitteln kann und gleichzeitig einen emotionalen Bezug zur dargestellten Situation ermöglicht.