Science Lunch 2012
1. Prof. Dr. Brigitte Röder
Universität Basel, Fachbereich Ur- und Frühgeschichtliche und Provinzialrömische Archäologie
Mi. 3.10.2012 12:15-13:15 Sq 502
ArchäologInnen haben den Anspruch, Rekonstruktionszeichnungen wissenschaftlich so fundiert wie möglich abzusichern. Interessanterweise betrifft diese Idealvorstellung meist nur die Darstellung der materiellen Kultur und der Umwelt. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den sozialen Verhältnissen vorliegen, ist hingegen selten ein Thema: Diese scheinen als ‚allgemein bekannt‘ vorausgesetzt werden zu dürfen, und ihre Ausgestaltung wird folglich häufig den IllustratorInnen überlassen. In der Folge werden soziale Verhältnisse in Szene gesetzt, die IllustratorInnen, ArchäologInnen und auch den AdressatInnen der Rekonstruktionszeichnungen aus dem eigenen kulturellen Kontext ‚bekannt‘ sind und die sie deshalb als ‚stimmig‘ empfinden. Statt der Visualisierung von Forschungsergebnissen findet in der Regel eine Projektion von eigenen kulturellen Konzepten (z.B. Geschlechter- und Familienmodell) auf die Vergangenheit statt. Das Einfliessen heutiger sozialer Konzepte in archäologische Fachtexte und Bilder ist ein Forschungsschwerpunkt von Brigitte Röder. Anhand der Darstellung von Geschlechterrollen auf Rekonstruktionszeichnungen zeigt sie auf, welche Inhalte unbemerkt eingehen und beleuchtet die Hintergründe dieser Projektionen. Darüber hinaus wird die Frage nach alternativen Darstellungsweisen der sozialen Verhältnisse und den damit verbundenen Herausforderungen an ArchäologInnen und IllustratorInnen aufgeworfen.
2. Prof. Dr. Nicolas Gruber
ETH Zürich, Professor für Umweltphysik
Mi. 17.10.2012 12:15 – 13:15 Sq 510
Wasser-Mensch-Klima: Ein Trialog
Nicolas Gruber ist Professor für Umweltphysik an der ETH Zürich. Nach seinem Studium an der ETH Zürich und Doktorat an der Universität Bern, verbrachte er fast 10 Jahre in den Vereinigten Staaten (New York und Los Angeles), bevor er vor 6 Jahren an die ETH berufen wurde. Nebst seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit im Bereich der Klimaforschung ist er sehr interessiert an der visuellen Gestaltung und Umsetzung von wissenschaftlicher Information – für die Forschenden aber auch für das interessierte Laienpublikum. Er hält regelmässig Gastvorträge über den Klimawandel und seine Folgen an Schulen, Seniorenuniversitäten und anderen Institutionen, und versucht die Macht der Bilder und Animationen zu nutzen, um die Wichtigkeit des Themas zu kommunizieren. Zur Zeit interessiert er sich vor allem für die durch den Klimawandel bewirkte Veränderung des Wasserkreislaufes und seine Auswirkungen auf Mensch und Umwelt.
3. Béla Bartha
Geschäftsführer ProSpecieRara
Mi. 31.10.2012 12:15-13:15 Sq 502
Methoden zur Erhaltung und Nutzung genetischer Ressourcen in der Landwirtschaft am Beispiel von ProSpecieRara
ProSpecieRara ist eine Stiftung, die sich seit über 30 Jahren für die Erhaltung und Förderung der Kulturpflanzen und Nutztierrassen in der Schweiz einsetzt. In der Pionierphase hat die Stiftung von sich reden gemacht, als sie auf abenteuerliche Weise die letzten Individuen beinahe ausgestorbener Schweizer Nutztierrassen, wie die Strahlenziege, das Bündner Oberländerschaf oder wie in jüngster Zeit, die Kupferhalsziege wieder entdeckte und rettete. Béla Bartha, ausgebildeter Biologe und seit 10 Jahren Geschäftsführer bei ProSpecieRara wird in seinen Ausführungen einige Tierprojekte vorstellen und vor allem die Methode erläutern, die ProSpecieRara einsetzt um die letzten einheimischen Nutztierrassen zu erhalten. Ein Ziel seiner Ausführungen und hoffentlich auch die nachfolgende Diskussion mit den Studierenden wird sein, gemeinsame Kooperationsmöglichkeiten zu skizzieren. Die fachlichen und technischen Fähigkeiten der Studierenden der Zürcher Hochschule der Künste könnten beispielsweise gute Dienste bei der Visualisierung von Züchterstandards leisten. ProSpecieRara freut sich auf jeden Fall auf eine angeregte Diskussion mit den Student/Innen und allen Gästen.
4. Prof. Dr. Marc Chesney
Universität Zürich, Professor für Finance und Vize-Direktor des Instituts für Banking und Finance
Mi. 14.11.2012 12:15-13:15 Sq 510
Ist der Finanzsektor krank?
Im Rahmen des Blogs für „Sustainable and Responsible Finance“ entwickelt Marc Chesney mit zwei Co-Autorinnen eine kritische Untersuchung der Finanzsphäre. In seiner Präsentation wird er die Krankheiten des Finanzsektors und die Systemrisiken der Finanzinnovation beleuchten. Die Finanzkrise hat sich wie eine Pandemie entwickelt. Das System scheint ausser Kontrolle geraten zu sein, insbesondere weil circa seit Anfang dieses Jahrhunderts die Finanzinnovation nicht wirklich der Realwirtschaft gedient, sondern Systemrisiken erzeugt hat. Es handelt sich immer weniger um Investitionen in die Realwirtschaft und immer mehr um Wetten auf mögliche Bankrotte von Ländern oder Unternehmen. Diese krankhafte Spielsucht der Kasino-Ökonomie ist gefährlich für die Realwirtschaft. Der Bankensektor scheint immer weniger in der Lage, der Realwirtschaft zu dienen, d.h. deren rentable Investitionen zu finanzieren. Umgekehrt bekommt er immer mehr öffentliche finanzielle Unterstützung. Es ist eine Art Thrombose, die verhindert, dass die riesige Menge an Liquidität in Richtung Realwirtschaft fliesst. Im Referat werden eine paar Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt. Marc Chesney, hat ursprünglich Mathematik in Paris an der Universität Diderot studiert. Er ist Dr. der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Genf, und hat an der Universität Sorbonne seine Habilitation erlangt. Er ist zurzeit Professor für Finance und Vize-Direktor des Instituts für Banking und Finance an der Universität Zürich. Ausserdem ist er Mitglied von Finance Watch. Er war auch Research Fellow am „Zentrum für Religion, Wirtschaft und Politik“ (Collegium Helveticum) bis Ende 2011. Bevor er seine Stelle in Zürich angetreten hat, war er Professor und stellvertretender Dekan am HEC in Paris und Präsident des CEBC (Centre pour l’Etude du Blanchiment et la Corruption).
5. Adrian Bättig
Haus der Farbe, Höhere Fachschule für Farbgestaltung Zürich
Mi. 28.11.2012 12:15-13:15 Sq 510
Die Antike war farbig
Adrian Bättig ist Kunstwissenschaftler und Künstler und unterrichtet am Haus der Farbe, Höhere Fachschule für Farbgestaltung in Zürich, verschiedene historische und theoretische Aspekte des Themas Farbe und Farbgestaltung. In seinem Beitrag zu Science Lunch stellt er den in den letzten Jahren gewandelten Blick auf die Antike vor. Dank Untersuchungsmethoden wie UV- oder Streiflicht ist es heute möglich, das ursprüngliche Erscheinungsbild antiker Statuen und Gebäude detailgenau zu rekonstruieren. Dabei wird klar, dass die über Jahrhunderte herrschende Vorstellung einer weissen Antike falsch war und dass stattdessen in diesem Zeitalter Farbe sehr ausgiebig, sowohl dekorativ wie funktional, eingesetzt wurde. Anhand einer Reihe von Rekonstruktionen stellt Adrian Bättig diesen Befund vor und weitet das Thema im zweiten Teil des Science Lunch zu einem breiteren Blick auf eine Kulturgeschichte der Farbe, die historische Phänomene mit aktuellen Fragestellungen rund um den Einsatz von Farbe verknüpft. Seit drei Jahren vermittelt Adrian Bättig das Thema Farbe auch an der ZHdK, im Modul Farbanwendung der Vertiefung Industrial Design. Ziel seines Unterrichts im Design-Kontext ist es, das Bewusstsein für die zahlreichen, oft tief verwurzelten semantischen und kommunikativen Aspekte von Farbe zu fördern und Farbe als gestalterischen Parameter zu positionieren, der wie Form und Material von Anfang an den Entwurfsprozess mitbestimmt. Bildlegende: Beinkleid eines Bogenschützen, Farbekonstruktion auf Gipsabguss, Foto: Ausstellung „Bunte Götter“
6. Prof. Vartan Kurtcuoglu
Universität Zürich, Physiologisches Institut
Mi. 12.12.2012 12:15-13:15 Sq 504
Visualisierung von Strömungen im menschlichen Körper
Medizinische bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRI) oder Computertomographie (CT) erlauben das Erfassen von dreidimensionalen Strukturen im lebenden menschlichen Körper. Durch die Kombination solcher Messmethoden mit rechnergestützten Simulationen können Flüssigkeitsströmungen detailliert berechnet werden. Die Darstellung der daraus resultierenden Datensätze erweist sich aber als äusserst komplex. Zurzeit werden für die Visualisierung von dreidimensionalen Strömungen Methoden verwendet, die ursprünglich für Ingenieure entwickelt wurden. Das Zielpublikum der Darstellungen sind jedoch hauptsächlich Ärzte und medizinisch orientierte Wissenschaftler. Durch die kulturellen und fachsprachlichen Unterschiede zwischen diesen Disziplinen entstehen oft Missverständnisse bei der Interpretation der Strömungsdaten. An der Universität Zürich befasst sich die Interface Group des Physiologischen Instituts mit dieser Herausforderung. Ihr Ziel ist es, Fachleute aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenzubringen, um klinisch relevante Fragestellungen zu beantworten. Dazu gehören auch Experten aus dem Bereich Scientific Visualization. Bildlegende: „Visualisierung der Strömung der Hirn-Rückenmarksflüssigkeit im Subarachnoidalraum (linkes Bild) und Darstellung der Hirnventrikel segmentiert aus einem MRI-Datensatz“
7. Master-Projekte Erkenntnis-Visualisierung, Master Design ZHdK
Mit: Jasmin Baumann, Esther Schönenberger, Thomas Erdin, David Schürch Moderation: Niklaus Heeb
Mi. 9.1.2013 12:15-13:15 Sq 510
Das Master Programm Erkenntnis-Visualisierung ist zu Gast im Science Lunch und stellt aktuelle Visualisierungs-Projekte vor. Der forschende Zugang im Masterstudium bahnt neue Wege für eigenständige Bildformen und Vermittlungsansätze sowie innovative Methoden. Vier Studierende präsentieren ihre persönlichen Master-Projekte und erzählen aus ihrer Erfahrung im Kontakt mit Auftragebern, Wissenschaftlichen Mentoren und vom Umgang mit den forschenden Fragen an ihre Bilder. So beschäftigt sich das Projekt Archaeovis mit der Tatsache, dass eine Visualisierung einer archaeologischen Rekonstruktion immer auch neue inhaltliche Fragen und Erkenntnisse aufwirft. Am Beispiel des römischen Bäderquartiers in Baden wird eine visuelle Plattform vorgeschlagen, die zur Untersuchung des Dialogs zwischen Archaeologen und Gestaltern dient und den Erkenntnisprozess der Forscher unterstützt. Ein weiteres Projekt untersucht Methoden der Bildherstellung: Wie können klassische Habitustafeln von Kirschensorten mit neuen Medien unterstützt und effizient erstellt werden? Das Projekt Palaeoskokop führt uns die Rekonstruktion von Sauriern und deren Verhalten auf der Basis von fossilen Spurenfunden lebhaft vor Augen und lädt ein zum explorativen Forschererlebnis mit Augmented Reality auch für ein breites Publikum. Eine Einladung zum Dialog und Austausch – Herzlich Wilkommen!