Post mortem
Forensische Bildgebung und Virtopsie
Für die virtuelle Autopsie wird nach dem besten Weg gesucht, relevante Befunde wissenschaftlich korrekt und verständlich zu vermitteln. Dabei werden Computertomographiedaten (CT) durch visuelle Rechenvorgänge in der Software so aufbereitet, dass der Eindruck einer „echten“ anatomischen Darstellung entsteht. Während eine Manipulation der CT-Daten selbst nicht erlaubt ist, kann der Rechtsmediziner die Rechenvorgänge stark beeinflussen. Diese Beeinflussung ist für die Lesbarkeit und Interpretation der Bilder entscheidend.
Strategien zur Visualisierung von forensischen Befunden
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, wie gestalterische Eingriffe in der Visualierungs-Software die erstellten Bilder transparenter, verständlicher und wissenschaftlich korrekter vermitteln. Für die gestalterische Arbeit konnten vier Fallstudien aus der rechtsmedizinischen Traumatologie zwei- und dreidimensional selber gestalterisch untersucht und rekonstruiert werden.
Virtopsie
Dokumentationen postmortaler Befunde und Diagnosen, wie sie am Institut für Rechtsmedizin (IRM) im Rahmen des Virtopsy-Projekts der Universität Zürich durchgeführt werden, umfassen teils aufwendige Visualisierungen. Ihre Verständlichkeit ist für die Falluntersuchung und Rechtsprechung zentral. Heute wird bei allen am IRM untersuchten Verstorbenen eine postmortale CT (PMCT) durchgeführt.
Virtopsy, aus ‘virtuell’ und ‘Autopsie’, vereint Ziele der klassischen Autopsie mit den Möglichkeiten moderner bildgebender Verfahren. Die verwendete Visualisierungs-Software (syngo.via® von Siemens) erlaubt eine umfassende Einflussnahme des Benutzers auf den technischen Zusammenhang zwischen CT-Daten einerseits und den errechneten Visualisierungen andererseits. Dies birgt das Risiko der Anwendung von Gestaltungselementen, welche die Lesbarkeit von Befunden negativ beeinflussen, wie z.B. realistisch anmutender Glanz.
Mit eigenen Rekonstruktionen konnten die Grenzen und Möglichkeiten der Visualisierungsparameter für eine gezielte Anwendung der Gestaltungskriterien analysiert und definiert werden. Hauptziel der direkten Einflussnahme des Rechtsmediziners auf die Parameter der Visualisierungs-Software ist die Blickführung des Bildbetrachters. Das Lenken der Aufmerksamkeit erfolgt unter Berücksichtigung sowohl der präattentiven (unbewussten) als auch der attentiven (bewussten) Wahrnehmungsphase.
Ergebnisse
In enger Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner erfolgte die Diskussion einzelner Visualisierungsstrategien und deren Bedeutung. Der Diskurs verbesserte das analytische Verständnis der gestalterisch-visuellen Aspekte, wodurch der Rechtsmediziner in die Lage kommt, die visuellen Wahrnehmungskriterien bereits während der CT-Datenvisualisierung steuern zu können, um verständlichere Bilder zu rekonstruieren.
Aus der Kooperation entstand eine Reihe von gestalterischen Software-Einstellungskombinationen für unterschiedliche Falluntersuchungen. Das Anwenden dieser verbesserten vordefinierten Einstellungen für ähnliche Befunde unterstützt die Rechtsmediziner des IRM effizient im beruflichen Alltag.
Erste Ergebnisse und Erkenntnisse dieser Arbeit wurden vom Kooperationspartner bereits mit sehr positiven Rückmeldungen an internationalen forensischen Kongressen präsentiert (ISFRI 2017, Odense, Dänemark, 11.-13.5.2017).