Farbe und Erkenntnis in der virtuellen Autopsie
Designstrategien zur Visualisierung von Haarriss-Schädelfrakturen in postmortalen Computertomografischen (PMCT) 3D-Rekonstruktionen
Wie lassen sich PMCT 3D-Rekonstruktionen mittels Farben so codieren, dass klinisch-forensische Befunde von besonders dünnen Haarriss-Schädelfrakturen effizient rekonstruierbar, expressiv visualisierbar und effektiv vermittelbar sind?
Hintergrund
In der Rechtsmedizin gewinnt die PMCT 3D-Rekonstruktion von Verletzungsformen des menschlichen Schädels an Bedeutung. Die Art und Weise wie CT-Daten visualisiert werden, hat einen grossen Einfluss darauf, wie die Strukturen der dargestellten Befunde visuell wahrgenommen werden. Dabei spielt der Einsatz von Farben sowie Transparenz eine zentrale Rolle. Farben beeinflussen nicht nur die Expressivität und die Informationsdichte einer Visualisierung, sondern auch die forensische Interpretation über das Ausmass und die Form der Verletzung.
Die 3D-Rekonstruktionstechnik, die sogenannte Volumenrenderingtechnik (VRT), die derzeit beim Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich (IRM UZH) verwendet wird, reduziert den Detailreichtum bei der Visualisierung entscheidend. Sehr dünne Schädelfrakturlinien (englisch: hairline fractures ) werden dreidimensional generell nicht ausreichend akkurat, oder sogar ganz und gar nicht dargestellt.
Material und Methoden
Mit einer Reihe von Experimenten wurden die CT-Daten in einer exemplarischen Fallstudie mit Falschfarben, aufgrund von Farb- und Helligkeitskontrasten sowie Transparenzwerten codiert. Die resultierenden Visualisierungen wurden durch Variantenbildung evaluiert. Für die Validierung wurde die Frakturspalte entlang der Frakturlinie orthogonal vermessen, um die Haarriss-Frakturdarstellung qualitativ zu prüfen.
Ergebnisse
Als Ergebnis der Arbeit zeigt sich insgesamt, dass bewusst gewählte Farbkontraste in Kombination mit einer geeigneten Opazität/Transparenz für alle PMCT 3D-Rekonstruktionen «Werkzeuge der Erkenntnis» sind: Ihre sachgerechte Auswahl bestimmt, ob der Befund einer dünnen Haarriss-Schädelfraktur bei besonders subtilen Dichteunterschieden in den CT-Daten expressiv und effektiv visualisierbar ist. Erst dann ist es möglich relevante – aber bisher verborgene – Information sichtbar zu machen und adäquat darzustellen und somit die Grundlage für eine sachgemässe Interpretation bereitzustellen. Die in dieser Arbeit experimentell optimierten sogenannten Transferfunktionen übertreffen die Standards des Software-Herstellers. Vordefinierte Farbkontraste- und Transparenz-Kombinationen in Form von Software-Presets ermöglichen dem IRM Visualisierungen effizient zu produzieren und dadurch Zeit und Kosten zu sparen.